Ich hatte nicht wirklich vor, Unternehmer zu werden. Warum auch? Ich studierte Medieninformatik, arbeitete auf mein Diplom hin und musste mir als angehender Diplominformatiker mit guten Noten wirklich keine Gedanken machen, ob ich einen Job bekomme.
Die Idee mein eigener Chef zu sein, hatte natürlich ihren Reiz. Aber konnte ich nicht auch einfach in Konzernstrukturen aufsteigen? Die Erfahrungen verschiedenen Vorpraktika und meinem Praxissemster zeigten mir, dass ich mich (zumindest in einem Unternehmen, das Leistung honoriert), recht schnell hocharbeiten konnte.
Erste Gedanken
In meinem Praxissemester stolperte ich auch erstmals über das, was man heute Sidepreneurship [->YouTube] nennt. Ein kleines Unternehmen neben dem eigentlichen Job aufbauen. Auch ein reizvoller Gedanke. Ich dachte mir damals: Mach dein Diplom, nimm einen guten Job an, lege ein paar Jahre was zur Seite und dann mache dich selbständig.
Es kam natürlich anders.
Gegründet habe ich 3 Monate nach meiner (ersten) Graduierungsfeier und habe damit auch nur so lange gewartet, weil ich nicht für ein 3-monatiges Geschäftsjahr die Buchhaltung machen wollte. Aber warum überhaupt gründen? Am Anfang stand eine Erkenntnis: Auch wenn das Studium super lief und die Praxiserfahrung ebenfalls – ich würde nicht mein Leben als Informatiker verbringen. Irgendetwas sträubte sich in mir dagegen. Außerdem ergab sich einfach eine Chance zur Gründung. Ohne, dass ich jemals über Selbständigkeit gesprochen hätte, kam mein Schulfreund Raphael auf mich zu und fragte, ob ich mit ihm eine Firma gründen würde.
Es war nicht mein Zeitplan, aber wenn du mein einem Gedanken schwanger gehst und plötzlich kommt jemand aus dem Nichts und fragt dich, ob wir ihn gemeinsam Umsetzen wollen… Klar.
Wie anfangen?
Irgendwo haben wir gehört, dass zu einer Gründung ein Businessplan gehört. Also dachten wir, dass wir auch einen brauchen. Wir zogen uns in ein Schwarzwaldhaus zurück und fingen an, daran zu arbeiten. Je weiter wir damit kamen, desto klarer wurde uns die Sinnlosigkeit eines solchen Dokuments. Wir hatten unsere Kompetenzen und wollten sie einsetzen. Wir wollten weder Geldgeber überzeugen, noch Kredite aufnehmen, noch Leute einstellen, die wir uns nicht leisten können, noch teure Maschinen kaufen. Also wurde der Businessplan eingestampft und wir beschlossen unsere Zeit lieber für sinnvollere oder einfach schönere Tätigkeiten zu nutzen.

Statt Papier zu vernichten gingen wir aufmerksamer durch die Welt. Hörten, wie Menschen sich über Dinge beklagten. Zum Beispiel schlechte Web- oder Medienagenturen. Eine kurze Rückfrage und schon hatten wir Kunden für ein erstes Projekt ohne jemals über ein Geschäftsmodell (das laut einschlägiger Literatur unverzichtbar ist) nachgedacht zu haben. Unser Geschäftsmodell war: Ist es ein cooles Projekt? Können wir, was gefordert ist? Können wir davon und damit leben? Dann los!
Ab dann ist die Geschichte recht einfach: Bald hatten wir die ersten freien Mitarbeiter, die Aufträge wurden größer und es waren ziemlich coole Projekte dabei.
Bald zeigte sich aber auch, was tatsächlich Geld einbringt und was nicht. Für mich musste ich erkennen, dass vor allem die Dinge Geld einbrachten, an denen ich kaum Spaß hatte. So fing ich an, an meiner früheren Hochschule nebenbei zu lehren und begann schließlich nochmal nebenher ein komplettes Masterstudium (elektronische Medien, Master of Arts) an der HdM in Stuttgart. Nach rund sieben Jahren verließ ich schließlich meine Firma, die seither von meinem Mitgründer erfolgreich weitergeführt wird.
Gelernt?

Was ich daraus gezogen habe? Ich habe durch die Firma unglaublich viel gelernt. Der Fokus verschiebt sich komplett. Man rechnet anders, als jemand im Privathaushalt mit einem Festgehalt. Die Redewendung „Zeit ist Geld“ bekommt eine Bedeutung. Man übernimmt Verantwortung für sich und für alle, die von der Firma auf verschiedenste Arten abhängig sind.
Ich habe gelernt, wie ineffizient die meisten Unternehmensstrukturen sind. Bei uns wurde niemand besser bezahlt, weil er auf einem bestimmten Stuhl saß. Niemandem wurden Kompetenzen zugesprochen, nur weil er eine bestimmte Position innehatte.

Den Wahnsinn einer Anwesenheitspflicht überwunden (Funktioniert aber eben auch nur, wenn man mit der Freiheit verantwortungsvoll umgeht). Ich habe im Garten, im Zug, auf dem Schiff, im Zelt und im Bett gearbeitet. Entsprechend habe ich auch gelernt, dass es Dinge gibt, die getan werden müssen. Und wenn du sie liegen lässt, kommt auch niemand anders und erledigt sie für dich (Aber das Finanzamt wird kommen und sie von dir einfordern). Aber wenn du sie schnell erledigt hast, hast du plötzlich Zeit und die Freiheit sie einzusetzen, wie du willst. Ohne Anträge, Genehmigungen und Leuten, die es besser wissen.